Allerdings würde ich nie auf die Idee kommen, bei meiner Leseförderung von Behandlung zu sprechen, so wie es in der Leitlinie geschieht. Ich halte diesen Begriff grundsätzlich für nicht angemessen.
Die Leitlinie bezieht sich auf die Lese- und / oder Rechtschreibstörung. Testverfahren zur Ermittlung der sogenannten „Störung“ werden aufgeführt. In diesem Punkt ist die Leitlinie eher kontraproduktiv, denn gefördert werden sollten alle Kinder, die beim Lesen- und bei der Rechtschreibung Schwierigkeiten haben. In der Praxis gibt es sowieso keinen Unterschied zwischen der sogenannten Störung und der sogenannten Schwäche. Ob ein Kind einen Förderbedarf beim Lesen (und nur damit beschäftige ich mich) hat, dazu bedarf es keiner aufwendigen Testverfahren.
Unabhängig von dieser Grundproblematik kann ich den meisten Empfehlungen zustimmen, vor allem folgenden Maßnahmen:
- Man soll an den Symptomen ansetzen. Für mich heißt das: üben, und zwar das, was die Kinder nicht können. Genau das geschieht in meinem Lesetraining.
- Es sollen Übungen zum Segmentieren einzelner Wörter enthalten sein. Die Silbenkennung in den Wörtern und Übungen mit dem Silbenbaum sind ein wichtiger Bestandteil meiner Übungen.
- Das Lesematerial soll eine größere Schrift und breitere Buchstaben-, Wort- und Zeilenabstände erhalten. Ich arbeite mit der Schriftart Trebuchet MS, Schriftgrad ab 16. Sehr wichtig ist dabei, wie viele Wörter auf einer Zeile stehen.
- Fördermaßnahmen sollten bereits im ersten Schuljahr stattfinden. Das finde ich gut. Wichtig ist dabei aber m.E., dass die Lehrer die Entscheidung darüber unbürokratisch treffen können.
- Die Fördermaßnahmen sollen in Einzelsitzungen oder Kleingruppen bis maximal 5 Personen stattfinden. Mein Training ist immer eine Einzelförderung.
- Gefallen hat mir in dieser Leitlinie auch, was u.a. nicht empfohlen wird:
- Lesetrainings, die ausschließlich nach der Ganzwortmethode erfolgen
- Interventionen zur auditiven Wahrnehmung und Verarbeitung
- Interventionen zur visuellen Wahrnehmung
- Medikamentöse Behandlung